Autor: Wolf

  • 2012 popkulturell

    Musik

    Das erste Jahr seit langem, das ich nicht mit einem Jahressampler beenden werde. Nicht nur, weil die ohnehin niemand hört, sondern auch, weil es schlicht nicht gelingen würde. Zu wenig, das mich wirklich begeistert hat – zu vieles, was mich eher enttäuscht hat (Future of the Left, Micachu, Disappears, Swans…). Bemerkenswert waren:

    Moonface – Teary Eyes and Bloody Lips

    Moonface „Teary Eyes and Bloody Lips“ from Secretly Jag on Vimeo.

    Der jüngste Streich von Spencer Krug of Sunset Rubdown & Wolf Parade-Fame und eine Kollaboration mit der finnischen Band Siinai. Dies war mein meistgehörter Song in diesem Jahr – auf Albumlänge leider nicht ganz so überzeugend.

    Liars – No. 1 against the Rush

    Liars – No.1 Against The Rush (Official Video) from Mute on Vimeo.

    Liars sechstes Album WIXIW müsste wohl mein Album des Jahres sein, setzt es doch die Topform, die sie vor zwei Jahren mit Sisterworld gefunden haben, praktisch ohne Abstriche fort. Wie sich hier gelooptes Gitarrengeplucker, Bass, Schlagzeug, Synths und Gesang ineinander verweben, daran kann man sich einfach nicht satthören.

    Lower Dens – Brains

    Mit so krautigen Rhythmen kriegt man mich ja immer immer immer. Und mit entrücktem Gesang. Und Orgeln. Ein prachtvoller Song.

    Filme

    Kinobesuche waren dieses Jahr gefühlt rar gesät. Vieles hinterließ einen schalen Beigeschmack – Dark Knight Rises etwa, vor allem auch Cloud Atlas. Geht es danach, welchen Film ich am liebsten jetzt sofort nochmal schauen möchte (und mir fällt kein besseres Kriterium ein), dann ist Dame, König, As, Spion mein Lieblingsfilm diesen Jahres. Gefolgt von Avengers; das war ein vortrefflicher Spaß.

    Dank gilt dem Popblog der taz, für die TV Vorschau, die dort seit Kurzem montäglich abgefeiert wird und die einem die undankbare Aufgabe abnimmt, Fernsehzeitschriften nach guten Filmen abzusuchen, die ja stets in tiefer Nacht von obskursten Fernsehanstalten ausgestrahlt werden. Selten war der Festplattenrekorder an der Glotze häufiger in Betrieb. Und noch nie mit so vielen guten, oder zumindest interessanten Filmen gefüllt.

    Bücher

    Und dann kam der Kindle: Seit August habe ich so viel gelesen wie lange nicht mehr. Ob trotz oder wegen dieses Gerätes oder einfach nur so? Schwer zu sagen. Was mich aber sehr erleichtert, ist der instantane Erwerb von Büchern (i.S.v.: sofort da). In Buchläden finde ich nie etwas und bestellen nervt auch – zumal ich volle Buchregale nicht für erstrebenswert, sondern eher für erdrückenden Ballast halte.

    Ich könnte nicht sagen, ob ich überhaupt ein Buch aus diesem Jahr gelesen habe. Die Regel, der ich weitgehend folgte, lautete, Science Fiction stets im Wechsel mit ‘ernsterer’ Literatur zu lesen: Viel Max Frisch erschien dabei auf meinem Display und wusste zu gefallen.Was die SciFi angeht, gilt der Dank dem Standard mit seiner monatlichen Science Fiction & Fantasy Rundschau: Faith, Dragon’s Egg und The Forever War wurden dort gefunden.

    Ansonsten finde ich die Möglichkeiten, gute Bücher zu entdecken, immer noch absolut unzureichend, wüsste aber auch nicht, wie so etwas beschaffen sein müsste, um meinen Bedürfnissen zu genügen. Die Empfehlungen von Goodreads (mein Profil) haben diesen eher maschinellen Charakter, mit dem auch last.fm zu nerven weiß.

    Comics

    Nach wie vor weitgehend ohne Ahnung, taste ich mich weiterhin mit großem Genuss vor. Die Überraschung des Jahres: Saga! Genau die richtige Mischung aus SciFi und Fantasy, genau die richtige Menge an seltsamsten Ideen und Figuren (The Stalk, diese Roboter-Aristokratie [mit Monitoren statt Köpfen! Monitoren]), genau der richtige Humor und es sieht alles so fantastisch aus.

    Weiterhin wird gelesen: Batman (seit diesem “New 52s”-Reboot(?)), The Walking Dead, Y: The Last Man. Und kürzlich habe ich mir nach längerer Pause mal wieder ein DMZ-Trade (#7: War Powers) gekauft (daraus sollen die mal ‘ne Serie machen!).

    Blogs

    Nachdem mein Feedreader zunehmend von redundanten Nachrichtenfeeds dominiert und das Lesen zu einer recht lustlosen Angelegenheit wurde, kam vor circa zwei Monaten der Entschluss, endlich wieder mehr echte Blogs zu abonnieren und es wurde reingepackt, was nur ging. Besonders freue ich mich seither über neue Texte von Glumm, Nuf und Modeste. In Sachen Politik scheint nach wie vor Michael Spreng der einzige zu sein, der mit einer gewissen Fachkunde schreibt, ohne langweilig (und länglich) zu sein. Jegliches Interesse verloren habe ich an Techblogs – außer neunetz.com. Und wer auch 2013 noch in einfältiger Monotonie beklagt, wie die Verlage das Internet nicht verstanden haben mögen, fliegt aus dem Reader. Im übrigen gilt auch weiterhin: Niemand bloggt so cool wie hackr.

  • „people who were right a lot of the time were people who often changed their minds.“

    via Some advice from Jeff Bezos by Jason Fried of 37signals.

  • „mehr Impro. mehr groove!“

    „Wir müssen hier – und das hier ist das Überall morgen – neue stilistische Schreibhaltungen erfinden, die diesem 24/7 Fluss mehr entsprechen, als die der Seminaristen, Föjetongisten oder Postdocs.“

    via

  • Ich sehe die Gefahr, daß wir mit unserer gebildeten Blickweise, die Politik abstrakt betrachtet und diskutiert, uns den Blick verstellen auf politische Fragestellungen und Betroffenheiten von Leuten, die sich den Luxus solcher Reflexion weder leisten können noch dazu in der Lage sind.

    Felix Neumann in diesem Kommentar.

  • Verlinkt: mehr als mal eben meßbar. Politische Kommunikation in Facebook

    Auch hier greift wieder die Diagnose, daß es nicht um »Politikverdrossenheit« geht, sondern um einen Bedeutungs- und Legitimitätsverlust hergebrachter politischer Form, Struktur und Kommunikation. Auch die politische Öffentlichkeit unterliegt einem strukturellen Wandel. Parteien und offiziöse Institutionen bündeln nicht mehr exklusiv die Willensbildung des Volkes; einfach die politische Gatekeeping-Funktion auch bei Facebook wahrnehmen zu wollen, einfach ein dezentrales, emergentes Beziehungsgeflecht mit Metriken einer Top-Down-Kommunikation zu beurteilen, muß scheitern.

    Via FXNeumann

    Parteien scheinen – im Netz generell – eigentlich nur zwei Gruppen anzuziehen: die entschiedenen Gegner, die dann oft als Nörgler wenn nicht Trolle auftreten und die eigenen Mitglieder bzw. Sympathisanten, die recht pauschal liken und beklatschen. Diejenigen, auf die es ankommt, weil man sie noch überzeugen muss oder kann, die unpolitischen, die unpolitisierten, finden dem Augenschein nach kaum statt. Womöglich auch, weil die Filter-bubble-Architektur sozialer Medien sie dort kaum jemals mit Politik in Berührung kommen lässt.

    Das von Felix gewählte Beispiel der Guttenberg-Solidarisierungswelle halte ich für unpassend, weil es so völlig unpolitisch war. Es hätte dabei ebenso gut um Till Schweiger oder Sido gehen können (nur kommt es in deren Metiers ja nicht auf Doktorarbeiten an). Reiner Personenkult bar jeden Inhalts.

  • Verlinkt: Die verlorene Unschuld der Baugemeinschaften

    Jüngere Beispiele zeigen auch, dass sich die Sensibilität von Baugemeinschaften für gewachsene Kiezstrukturen mitunter nicht von der profitorientierter Projektentwickler unterscheidet. So setzte sich in Pankow eine Baugemeinschaft trotz massiver Widerstände der Kleingärtner und von Kiezaktivisten damit durch, einen Teil einer Kleingartenanlage (Famos) als Baugrundstück zu erschliessen und die Kleingärtner zu vertreiben.

    via Die verlorene Unschuld der Baugemeinschaften | pankower gentrification blog.

  • Der Marienthaler Dachs

    »Der Dachs in Zahlen: 28 Meter lang (ungeschnitten) 61 cm breit 86.908 Wörter 516.974 Zeichen (mit Leerzeichen)  = knapp 10% länger als Faust 1+2 zusammen; aber nur halb so lang wie Karl Kraus‘ „Die letzten Tage der Menschheit“ 17 Darsteller- Rollen«

    postdramatiker.de

  • Parteiendämmerung (‘Bürgerdialog’ reflektiert)

    Die Berliner Grünen mit ihrer ‘Da müssen wir ran’-App im vergangenen Abgeordnetenhauswahlkampf, die CDU mit ihrem Zukunftsdialog (“ich nehme das mit”) und neuerdings dem ‘Tele-Townhouse’, die SPD mit dem ‘Bürgerdialog’: Parteien versuchen mit immer neuen Ideen und Verfahren, Bürgerinnen und Bürger in die Willensbildung und Ideenfindung einzubinden.

    Mit anderen Worten: Sie trauen ihrer eigenen Meinungsbildungs- und Lösungsfindungskompetenz (und auch ihrer Fähigkeit, Mitglieder zu werben) nicht mehr und entleeren sich inhaltlich gewissermaßen selbst: “Wir wissen es nicht, sagen Sie es uns.“

    Das Verfahren der innerparteilichen Willensbildung – Anträge, die ihren Weg gehen von der Basis über Parteitage –, wird endgültig ausgehebelt, galt schon lange nicht mehr viel und klingt ja auch furchtbar verstaubt (“Antrag, allein das Wort schon…”). Das wofür man eigentlich Partei sein sollte, wird nur noch von wenigen aktivsten Mitgliedern betrieben.

    Die Mitgliedschaft gilt im Rahmen solcher Beteiligungsverfahren (mithin: Verfahren, die beteiligen wollen, oder dies vorgeben) noch weniger als bislang schon, spielt mitunter gar keine Rolle, oder soll Passanten zum Ausfüllen von Kärtchen animieren.

    Das Versprechen, dass die Botschaft auf jenem Kärtchen dann irgendwie in das Wahlprogramm der SPD einfließen könnte, wertet die Parteimitgliedschaft ein weiteres Mal ab. Denn während der Zeitrahmen zur Mitwirkung am Wahlprogramm über den Weg der Antragstellung diese praktisch schon nicht mehr zulässt, kann man (übrigens ja auch als Parteimitglied) sich mittels des Kärtchen-Ausfüllens einem hochgradig intransparenten Lotterieverfahren unterwerfen, um vielleicht doch noch etwas einzubringen, was man für wichtig hält.

    Die damit einhergehende Hinwendung zum Bild eines partizipativen Bürgers ist zugleich eine Abwendung von all jenen, die von Parteien einfach Lösungen erwarten, ohne ihnen erst erklären zu müssen, worin die bestehen. Parteien verwechseln das Diffundieren ihrer selbst in der Gesellschaft bis zur Unkenntlichkeit mit der Verästelung, der Vernetzung, bei der sie immer als Partei erkennbar blieben.