Autor: Wolf

  • The Notwist – Vertigo Days

    Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, habe ich mir 2002 Neon Golden via Filesharing beschafft, es mir keine zwei Male angehört und bin in den Bus gestiegen, um mir bei Ween in Bielefeld die Schallplatte zu kaufen. Wie ich gerade beim googlen feststelle, hat Ween für immer geschlossen. Hier ein Beitrag des Lokalfernsehens zu dem Laden:

    Seitdem habe ich The Notwist komplett aus den Augen verloren. Neulich hörte ich von dem Neon Golden-Effekt, der beschreibt, wie ein Album international hervorragende Reviews, aber im Verhältnis wenige Abverkäufe erzielt. An mir lag’s nicht!

    Das neue Notwist-Album jedenfalls, Vertigo Days, ist sehr sehr gut. So gut, dass ich erneut „zum Vinyl griff“, jedoch nicht in einem Laden (wie auch?), sondern als meine erste physische Bestellung bei Bandcamp! Den digitalen Download gibt’s natürlich obendrein.

  • Hugh Howey – Wool

    Ich muss mir einfach mal merken, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach einen Grund gegeben hat, wenn ich eine Reihe nicht weiterlas.

    Wool (oder Silo) begann mit einer hervorragenden Kurzgeschichte in einem mysteriösen postapokalyptischen Setting, das in den Fortsetzungen (wir befinden uns immer noch in dem Teil, der Wool heißt) dann ziemlich plattgewalzt wurde.

    Die Fortsetzungen der Fortsetzung (namens Shift und Dust) werde ich mir daher erneut nicht geben. So immens kann der Payoff der schon weitgehend aufgeklärten Mystery gar nicht sein. Lieber lese ich wieder mehr Kurzgeschichten.

  • cityscapes

    Louis Bretez, Michel-Etienne Turgot: Plan of Paris

    Manchmal greifen verschiedene Quellen durch Zufall thematisch schön ineinander: Heute passierte das mit futuristischen Städten, oder Städten der Zukunft, oder Städten in der Science Fiction. Seit jeher ein Lieblingsthema von mir.

    Neuromancer und der Sprawl

    Da ist zum einen der Podcast Sprawl Radio, in dem Alexander Schwiewager und Stephan Fasold Neuromancer von William Gibson lesen und dabei das Genre des Cyberpunk ausführlich besprechen, das maßgeblich von diesem Buch geprägt wurde.

    In der zweiten Folge des Podcasts wurde die Idee des Sprawl bzw. der Boston-Atlanta Metropolitan Axis (BAMA) vorgestellt. Darin ist praktisch die gesamte Ostküste der USA zu einer einzigen Metropolregion zusammengewachsen, in der man dann auch beispielsweise von New York nach Baltimore mit der U-Bahn fahren kann. Die Stadt ist hier vor allem vertikal, in die Höhe gebaut, wie es schon Metropolis vor- und seitdem Blade Runner, Das Fünfte Element, Star Wars und zig anderen Filme nachmachten.

    Hypercity und Superstudio

    Und da ist zum anderen ein architektonisches Thema, das im heutigen Efeu des Perlentaucher verlinkt wurde:

    die Idee einer „Hypercity“, einer Bandstadt entlang der Autobahn A24 zwischen Berlin und Hamburg …

    .. wird im Interview der taz mit der Architektin Imke Woelk erläutert. Die Illustrationen und Mock-Ups der Ausstellung sehen absolut faszinierend aus. Unbedingt anschauen!

    So eine Bandstadt, hundert Meilen lang und autofrei, wird zur Zeit auch in Saudiarabien geplant, wie das Efeu unter Verweis auf einen Guardian-Artikel von Oliver Wainwright feststellt. Darin geht es unter der fantastischen Überschrift A building as big as the world: the anarchist architects who foresaw endless expansion um das italienische Architekturkollektiv Superstudio:

    In einer eindrucksvollen Serie von Collagen stellten die Designer die riesige blockartige Masse dar, die den Globus mit einem unaufhaltsamen Gürtel von Gebäuden umgibt, der die Felsen des Monument Valley in Utah in den Schatten stellt.

    Zu Superstudio wiederum gibt es aktuell eine Ausstellung in Brüssel Auch hier: Unbedingt die Visualisierungen anschauen. Das wäre eine vollkommen andere Utopie der futuristischen Stadt: Nicht vertikal, in die Höhe strebend, sondern flach, verteilt, wie ein Netzwerk.

  • Niklas Luhmann – Die Wissenschaft der Gesellschaft

    Und nochmal sportliches Lesen, damit auch ja kein Luhmann im Regal ungelesen ist. Mit diesem Buch habe ich erstmals konsequent exzerpiert und nicht angestrichen – ungefähr gemäß How to Take Smart Notes. Das Ergebnis sieht bereits sehr ergiebig aus und harrt noch der weiteren Auswertung.

  • John Scalzi – The Ghost Brigades

    Die Fortsetzung von Old Man’s War und als solche wieder milde unterhaltsam. Gut: Weniger albern, andere Protagonisten, die Welt wird einen Spalt breit geöffnet und die Rolle der Menschheit hinterfragt.

    Blöd: Schon wieder Bootcamp und militärische Ausbildung, nur diesmal noch härter, denn es geht um die überlegenen Special Forces (Augenroll-GIF). Außerdem wird die Idee, Persönlichkeiten von Mensch zu digitaler Storage zu Mensch übertragen zu können, arg überstrapaziert – und mündet in universe in Entscheidungen, die, wenn man darüber nachdenkt, als sehr riskant gelten müssten.

    Aber ist ja auch egal, da ohnehin alles Quatsch: Unterm Strich hat das Buch Spaß gemacht. Dass ich sofort die Fortsetzung lese, glaube ich aber nicht.

  • Niklas Luhmann – Soziale Systeme

    Das hat mehrere Anläufe gebraucht und hat dank mindestens einer längeren Pause auch viel Zeit in Anspruch genommen. Letztlich war es eine Art Marathon und ich habe es entsprechend auch überwiegend mit dem sportlichem Ehrgeiz gelesen, es zu vollenden.

  • Stefan Zweig – Die Welt von gestern

    Erinnerungen eines Europäers lautet der Untertitel dieses autobiografischen Buches.

    Von Stefan Zweig las ich bereits die biografischen Romane über Montaigne, Magellan und Fouché mit wachsender Freude an seinem etwas schwelgerischen, ausladenden Stil, den ich zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig fand.

    Seine Kindheit und Jugend im Wien der habsburger Zeit wird in einem Ausmaß als wunderbar und sorglos beschrieben, für die ich am liebsten das Wort bullerbüesk prägen würde.

    Diesem Stil bleibt Zweig in Die Welt von gestern treu. Seine Kindheit und Jugend im Wien der Habsburger Zeit wird in einem Ausmaß als wunderbar und sorglos beschrieben, für die ich am liebsten das Wort bullerbüesk prägen würde. Mit traumwandlerischer Leichtigkeit findet er zu Lyrik und Schriftstellerei und bahnt mühelos Kontakt zu berühmten Zeitgenossen in ganz Europa an.

    Gewollter Kontrast

    Das wirkt mitunter arg verklärend, was vielleicht auch als gewollter Kontrast zu der Zeit ab 1914 gedacht ist. Zweig blieb das Soldatentum erspart, aber seine Schilderungen dieser Zeit, ihrer Kultur und Politik sind umso erhellender – gleiches gilt für die Zwischenkriegszeit und den aufkommenden Faschismus.

    Es sind oft kleine Anekdoten und scheinbar randständige Vorkommnisse, denen Zweig Raum gewährt, stets erklärend, dass er diesen besondere Bedeutung beimisst, weil sie langsame und langfristige Prozesse und Veränderungen markieren.

    Einmal mehr ein ausgezeichnetes Buch. Stefan Zweig avanciert zu einem meiner Lieblingsautoren.

  • Ariel – Abgebrannt in Helsinki

    Neulich lästerte ich noch über die TV-Anstalt Arte, jetzt erfreue ich mich an den Aki Kaurismäki-Filmen in ihrer Mediathek. Begonnen wird mit Ariel – Abgebrannt in Helsinki.

  • John Scalzi – Old Man’s War

    Nachdem zu lesen war, dass Old Man‘s War eine Serie sei, die zudem lesenswert ist, notierte ich mir die erneute Lektüre, des ersten Bandes, den ich 2015 als E-Book gekauft und sehr wahrscheinlich dann auch gelesen habe.

    Erst als ich mir das Buch aus dem Kindle-Archiv fischte, realisierte ich, dass ich es im Kopf mit The Forever War von Joe Haldeman verwechselte, einer anderen Military SF-Geschichte. Das lese ich später einfach auch nochmal.

    Old Man’s War bedient das Boot Camp-Setting, bekannt aus Filmen wie Full Metal Jacket, einschließlich „training The Spartan Way, plenty of Physical Fitness Punishment, the obligatory Drill Sergeant Nasty“. Das Gimmick steckt im Titel: Die Rekruten sind alte Menschen um die 75, die in junge Körper versetzt werden, um für die Colonial Defense Forces der Menschheit gegen etliche martialische Alienvölker zu kämpfen.

    Warum das so ist, wird eher unbefriedigend erklärt. Gesorgt ist immerhin für Comic Relief während der Ausbildung und unser Protagonist erhält jede Menge Vergangenheit, die dann im letzten Drittel des Buches relevant wird.

    “No one likes an overachiever, Captain”

    Mein Problem mit Military-Stoffen ist stets dies: Wer im hochtechnisierten Krieg überlebt, hat meiner Überzeugung nach vor allem Glück. Ein Glückspilz ist aber ein langweiliger Protagonist. Also muss unser Held eben doch ständig alles besonders gut und besser als alle anderen können – ein richtiger Streber also.

    Aber: Flott und spaßig geschrieben ist das Buch allemal und als Nächstes gebe ich mir die Fortsetzung.