Von Sprints schrieb ich schon vor einem Jahr mit großer Begeisterung. Jetzt haben sie endlich ihren grandiosen Output auf Vinyl gepresst und ich habe ihn erworben: Versand irgendwann im … März? OK, immerhin wird das dann eine schöne Überraschung. Bis dahin habe ich den Kram immerhin in der Bandcamp-App und als MP3.
Autor: Wolf
-
2022 musikalisch
Es lässt sich leider nicht leugnen: Radiohead ist meine Lieblingsband. Vergangenes Jahr auf Rang 1, dieses Jahr auf 3 mit dem Offshoot The Smile auf der 1. Dabei fand ich deren Album gar nicht so besonders gut – aber einzelne Songs schon, die ich entsprechend häufig gehört habe.
Recht spät im Jahr entdeckte ich das Album And In The Darkness, Hearts Aglow von Weyes Blood, das mir sehr gut gefällt und somit die Tradition hervorragender Sängerinnen fortsetzt, die ich seit einigen Jahren pflege. Nennenswert ist überdies das selbstbetitelte Album der Gruppe Die Nerven.

Ich habe in diesem Jahr ausweislich meines last.fm-Profils sogar etwas mehr Musik gehört als im Vorjahr. Auch achte ich längst nicht mehr so pedantisch wie früher darauf, dass auch wirklich jeder abgespielte Song protokolliert wird, beispielsweise wenn ich Schallplatten höre.
Und nun – wie auch schon in den Jahren 2021, 2020, 2019, 2018, 2017, 2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010 und 2009 – mit unumstößlicher Genauigkeit die Top50 der meistgehörten Bands und Künstler im Jahr 2022:
Rang Band/Künstler Plays 1 The Smile 122 2 Die Nerven 106 3 Radiohead 99 4 Weyes Blood 94 5 Grace Cummings 79 6 Beth Orton 56 7 Sault 48 8 Florence + the Machine 43 9 The Caretaker 38 10 Boards of Canada 35 11 Jane Deasy 34 12 OG Keemo 34 13 King Hannah 33 14 Perila 33 15 Lightning Bolt 31 16 The Beatles 31 17 Neil Young 30 18 Less People 29 19 Bethan Kellough 26 20 Future of the Left 26 21 Marvin Gaye 25 22 Beak> 23 23 Kendrick Lamar 22 24 Wire 22 25 Danger Mouse, Black Thought 21 26 Mobb Deep 21 27 Abdullah Ibrahim 20 28 James Murray 20 29 Pixies 20 30 dEUS 19 31 Low 19 32 Lucio Battisti 18 33 eilean rec. 17 34 Eliane Radigue 17 35 Jon Hopkins 17 36 There is Still an Orchestra 17 37 Kate Bush 16 38 [[Sprints]] 16 39 Stella Sommer 16 40 The Four Tops 16 41 Éliane Radigue 15 42 Kommando Sonne-Nmilch 15 43 Oma Hans 15 44 The Velvet Underground 15 45 The Weather Station 15 46 Broadcast 14 47 Lambchop 14 48 DVA 13 49 Eels 13 50 Nilüfer Yanya 13 -
„This is How You Lose the Time War“ von Amal El-Mohtar und Max Gladstone
Zwei Agenten verfeindeter Fraktionen in einem temporalen Krieg beginnen einen heimlichen Briefwechsel und verlieben sich ineinander. Die Novelle wurde mit Preisen überhäuft, erhält exzellente Bewertungen, eine Verfilmung soll in der Mache sein, allein … ich fand sie sterbenslangweilig.
Zu poetisch ist die Prosa, zu vage sind die Figuren gezeichnet, zu monoton die Abfolge von Brief auf Brief, als dass mich diese Geschichte in irgendeiner Weise mitgenommen hätte. Was schade ist, denn konzeptionell ist das alles ganz hervorragend.
-
Niklas Luhmann – Die Gesellschaft der Gesellschaft
Begonnen am 20. März, also habe ich rund sieben Monate für 1150 Seiten gebraucht. Dabei sind sind ca. 250 Notizen in Obsidian entstanden, was für meine Verhältnisse wenig ist; ich habe mich absichtlich gebremst. Die nun zu verlinken und in den Graphen einzubetten wird ein großer Spaß.
Und wozu das alles? Um Gesellschaft besser verstehen und beschreiben zu können natürlich. Ob das gelungen ist, wird die Zeit zeigen. Fünf Sternchen gibt es allein schon dafür, dass ich das Monstrum überhaupt durchgelesen habe.
-
Bethan Kellough – Aven
Mehr Sound Design als bloßes Ambient-Rauschen; mitunter ertönen gar Streicher (Instrumente!). Eine sehr vielfältige Platte, die ich schon erworben habe, ehe der erste Probedurchlauf vorüber war – natürlich bei Bandcamp.
Bethan Kellough creates sound worlds that weave together instrumental materials, sound design and ambisonic field recordings. Her composition ‘Aven’ is based on a recording made in Iceland in 2015, which features the booming sound of underground geothermal activity escaping to the surface through a small shaft.
-
Arkady Martine – A Desolation Called Peace
Die Fortsetzung von A Memory Called Empire und leider nicht so gut. Zuviel Prosa in einer sich eher im Schneckentempo fortbewegenden Story, auch das eindrucksvolle Worldbuilding des ersten Bandes wird hier eher stiefmütterlich behandelt, zuviele Entscheidungen des Imperiums Teixcalaan wirken erstaunlich abwegig – um nicht zu sagen: dumm.
Es bewahrheitet sich also, was Mehrteiler und Serien in der Fantastik allzuoft ausmacht: abnehmende Qualität. Daher besinne ich mich auf meinen Vorsatz zurück, nur noch in sich geschlossene Bücher des Genres zu lesen. Ausnahme natürlich: Die Culture.
-
Salman Rushdie – Die Satanischen Verse
Gelesen und gut gefunden. Und anstrengend, verwirrend, schillernd, eindrucksvoll. Und gut. Mehr vermag ich derzeit leider nicht dazu zu sagen.
-
Stefan Schulz – Die Altenrepublik

Seit Jahrzehnten vorhergesagt, macht er sich langsam und mit zunehmender Dringlichkeit bemerkbar: Der demographische Wandel. Ich fand das Thema immer in gewisser Weise langweilig, weil das Geburtenraten und Alterung ja eher Randbedingungen der Gesellschaft als ein handhabbares politisches Problem sind.
Dabei wurde sicher auch immer auf die realen politischen Probleme hingewiesen, die sich aus diesem Wandel ergeben. Stefan Schulz, dessen Redaktionsschluss ich vor Jahren schon gerne gelesen habe, und dessen Podcastaktivitäten mich ebenfalls seit Jahren begleiten, tut das jedenfalls und zwar auf denkbar originelle Weise.
Es geht in diesem Buch nicht um die Rente, verspricht Schulz in der Einleitung, und er gibt auch niemandem Schuld. Er ergeht sich aber auch nicht in Predigten, wie ich sie noch aus der SPD kenne, wonach man das Älterwerden als „Schatz“ begreifen oder lediglich als Problem der Pflegeversicherung auffassen müsse. Zu den interessantesten Ideen, das nur als ein Beispiel von vielen, zählt für mich das Verschwinden der Jugend(kultur) resp. ihr Kolonisierung durch die Älteren.
-
Die Nerven
Das neue Album der hochgeschätzten Gruppe „Die Nerven“ trägt den Namen „Die Nerven“. Ich habe die Schallplatte eben bei Bandcamp bestellt.
-
Harry Sword – Monolithic Undertow
Ich habe zugegebenermaßen etwas anderes erwartet, wurde aber nicht enttäuscht. Verspricht einer der Blurbs An inspired and intuitive navigation of the drone continuum, so geht es dabe gerade nicht um ein Genre – Ambient oder eben Drone – sondern eher einen Modus des Musikmachens, der sich, wie Sword zeigt, mehr oder weniger deutlich durch die Menschheitsgeschichte zieht.
Drone, das nicht enden wollende Dröhnen, Brummen, Rauschen oder Singen, begann vor Jahrtausenden in Höhlen und Bauwerken mit entsprechenden architektonischen Eigenschaften, wurde von der Avantgade im zwanzigsten Jahrhundert begeistert aufgegriffen, und durch Gitarrenfeedback, John Cales Viola, Synthesizer, Krautrock, No Wave, Sonic Youth, Techno, die Bass-Gottesdienste von Sunn O))) und viele weitere Künstlerinnen und Künstler immer und immer wieder aufs Neue in Schwingung gehalten.
Insofern ist Monolithic Undertow das bedeutend interessantere Buch als das von mir erwartete, weil es Genregrenzen vollkommen frei überschreitet. Die diversen Kapitel unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Interessanz. Immer dann, wenn es Sword gelingt, Musik und Künstler vor dem Hintergrund bestimmter sozialer Umstände an bestimmten Orten zu zeichnen (oft New York und England), könnten seine Schilderungen kaum spannender sein.
Geht es hingegen um die Genese von Doom Metal irgendwann in den achtziger und neunziger Jahren oder um Krautrock im Nachkriegsdeutschland, mutet das Buch wie eine Aufzählung von Bands und deren Veröffentlichungen an. Keine Frage: Ich schätze Sonic Youth und respektiere Melvins und Swans ebenso wie Can und Neu!, musste mich davon jedoch nicht ein weiteres Mal überzeugen.
Aber das sind Petitessen. Vor allem ist Monolithic Undertow ein herausragendes Manifest der künstlerischen Freiheit voller liebenswerter Menschen und hochinteressanter Künstlerinnen und Künstler, die sehr oft und in zahlreichen Genres atemberaubend gute Musik mach(t)en.