Auch dieses Buch wird hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt. Zu viele Biologismen, zu wenig Soziologie.
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2020 musikalisch
3922 Titel habe ich im Kalenderjahr 2020 laut meines last.fm-Profils gehört: Weniger als 2019, mehr als 2018. So wird das wohl bleiben: Musik muss sich auch bei mir zunehmend gegen alle Medienalternativen durchsetzen.
Dabei war das neue Fiona Apple-Album sensationell gut und nimmt verdientermaßen den ersten Platz ein – allerdings mit nur 113 abgespielten Titeln. Das ist vielleicht auch ein langfristiger Trend: Ich höre zunehmend funktionale Musik, die mich bei der Arbeit oder Lektüre nicht „stört“, Ambient, Neoklassik von Max Richter & Co., oder Elektronik. Für Musik, die mich einnimmt und Aufmerksamkeit verdient, aber auch erfordert, bleibt wenig Zeit. Das ist schade.
Weitere umwerfende Neuerscheinungen dieses Jahres waren spärlich: Das eine der diversen jüngst erschienenen Sault-Alben war sehr gut, Nation of Language ebenso, die neuen Veröffentlichungen von Gidge und Autechre waren ganz ok.
Hier nun also mit unumstößlicher Genauigkeit die Top50 der meistgehörten Bands und Künstler im Jahr 2020:
1 Fiona Apple 113 2 Guided by Voices 100 3 Vittorio Guindani 98 4 Radiohead 92 5 Sault 88 6 Cocteau Twins 85 7 Max Richter 81 8 Wire 80 9 Autechre 76 10 Boards of Canada 64 11 Gidge 59 12 Tocotronic 54 13 Hildur Guðnadóttir 52 14 Run the Jewels 49 15 Billie Eilish 47 16 Hans-A-Plast 47 17 Fever Ray 46 18 Nation Of Language 44 19 Nihiloxica 43 20 Friends of Gas 42 21 Lightning Bolt 39 22 Pet Shop Boys 36 23 Sun Ra 36 24 Gang of Four 34 25 JARV IS… 32 26 Kate Bush 30 27 Die Sterne 29 28 DJ Shadow 29 29 International Music 28 30 Oneohtrix Point Never 28 31 Pixies 28 32 The Knife 28 33 The Beach Boys 26 34 Aphex Twin 25 35 Public Enemy 25 36 Matthijs Kouw 24 37 Hüsker Dü 22 38 Karl Hector & The Malcouns 22 39 Talking Heads 22 40 CAPITAL BRA 21 41 Do Make Say Think 21 42 MVK 21 43 Die Nerven 20 44 James Krivchenia 20 45 Kraftwerk 19 46 Wolfgang Ambros 19 47 Desmond Dekker 18 48 Ego Ella May 18 49 Norah Lorway 18 50 The Cure 18 -
Bücher 2020
37 Bücher las ich im Jahr 2020 – eins davon sogar zweimal, also eigentlich 36. Ob das viel oder wenig ist, weiß ich nicht genau und es ist auch nicht sehr wichtig.
Es war das Jahr des Nochmal-Lesens: Science Fiction von Le Guin, De Abaitua, Banks, Butler, aber auch Max Goldt habe ich nach vielen Jahren wieder gelesen.
Sehr gut gefallen haben mir:
- Christian Baron – ein Mann seiner Klasse
- Stefan Zweig – Joseph Fouché
- Philip Manow – (Ent-)Demokratisierung der Demokratie
- Nava Ebrahimi – Das Paradies meines Nachbarn
- Michael Kleeberg – Vaterjahre
- Christoph Möllers – Freiheitsgrade
Aus der (neuen) Science Fiction, die ich in diesem Jahr gelesen habe (The Last Day, Dark Matter, The Wall, The Last Human), hat mich leider nichts nachhaltig beeindruckt. Mal schauen, was die Jahresbestenlisten so bieten.
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Alice Hasters: Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten
Ein Buch, das ich schon längst hätte lesen sollen und nicht erst, nachdem gewisse Komödianten ihm zu Reichweite verhalfen. Gerade für Leute, die glauben, schon alles zu wissen und vieles richtigzumachen (ja, wie mich) eine dringend notwendige Kopfwäsche. Alltagsnah, schmerzhaft und viele ungeahnte Facetten über deutsche Kolonialgeschichte, Partnerschaft bis hin zu Sport beleuchtend/vertiefend. Außerdem mit einer exzellenten Literaturliste am Schluss.
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NSU-Watch: Aufklären und Einmischen
Dieses Buch erhielt ich, weil ich Jahre zuvor an einem Crowdfunding oder einer ähnlichen Finanzierungsform des Projektes NSU-Watch teilgenommen habe.
Zum NSU habe ich schon einiges gelesen, unter anderem „Heimatschutz“ von Stefan Aust und Dirk Laabs. Die von der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichten Prozessprotokolle habe ich ebenfalls im Schrank stehen – das Format ist aber überaus sperrig.
Aufklären und Einmischen stellt ergänzend dazu einen hervorragenden Überblick über den Prozess dar und erklärt im Rahmen des wohl Möglichen, wie dieser zu einem Urteil führte, bei dem Neonazis im Zuschauerraum begeistert klatschten.
Kapitelweise widmet sich das Buch der so wichtigen Nebenklage von Angehörigen der Opfer und Überlebenden, den Angeklagten, der Bundesanwaltschaft, Zeuginnen und Zeugen sowie der Rolle der Öffentlichkeit.
Eine unbedingte Leseempfehlung, um an die Dringlichkeit des Widerstandes gegen den Terror von Rechts erinnert zu werden.
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Nochmal gelesen: (Ent-)Demokratisierung der Demokratie
Vor ein paar Wochen hatte ich das Bedürfnis, diesen Band nochmal zu lesen – nicht als eBook, sondern gedruckt. Vor allem wohl, weil meine Kindle-Highlights mir mit ein paar Monaten Abstand völlig nichtssagend erschienen. Genau das Problem, das in dem Smart Notes-Buch angesprochen wurde. Ist nicht so, dass ich es nicht weiß, ich bin nur oft zu faul, es anders zu machen.
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Leif Randt – Allegro Pastell
Tatsächlich ein sehr gutes Buch, das ich natürlich auch gelesen habe, um mich zu vergewissern, dass ich nicht nur nicht wie diese Leute bin, sondern auch nicht wie sie sein will. Diese Erwartung wurde nicht enttäuscht, aber darin erschöpft sich die Lektüre nicht.
„Alles ist extrem gut ausgeleuchtet“, schreibt Ijoma Mangold bei Zeit Online, was fast wortgetreu einer meiner Notizen entspricht – nämlich bezogen auf das grelle Innenleben der beiden Hauptfiguren von Allegro Pastell.
Das Buch ist vielleicht psychologisch (und nicht soziologisch) interessant, weil es diese Haltung des Ich, des Selbst, des Körpers, der Psyche als Projekt, als form- und steuerbar so gut abbildet. Weit jenseits von bloßer Selbstoptimierung (darüber sind die weit hinaus), auch von jener Form, die Illiberale als neoliberal brandmarken. Dabei ebenso sympathisch wie unsympathisch: Interessant eben, also im Wortsinne dazwischen. Leben Menschen heute wirklich so? Fast möchte ich es nicht wissen.
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Christoph Möllers – Freiheitsgrade
Was ist eigentlich Liberalismus? Und was ist Freiheit? Ein außerordentlich gewinnbringendes Buch, das in keiner Weise den Versuch unternimmt, einem die FDP nahezulegen, falls man das befürchten sollte. Meine Notizen sind zahlreich und werden jetzt sortiert.
Der Kauf dieses Buches wurde durch eine Folge der Produktion Sein und Streit veranlasst, die ich hiermit empfehle.
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Sönke Ahrens – How to take smart Notes
Jaja, ein „how to“-Buch, aber ein gutes, denn es werden die kognitiven und organisatorischen Prinzipien bei der Handhabung eines Zettelkastens erläutert – natürlich nach dem Vorbild Niklas Luhmanns.
Das Buch ist in der Roam-Community sehr populär und wird gerade in einem Roam Book Club gemeinschaftlich gelesen, aber ich lese ja lieber alleine. Insgesamt sehr instruktiv, angenehm kurz und durchaus kurzweilig. Auch wenn ich jetzt sicherlich nicht parallel sieben Papers schreiben werde …
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Andrew Hunter Murray – The Last Day
Neulich schaute ich mal wieder in die SF-Rezensionen-Rubrik beim Standard – an deren neues Layout ich mich nie gewöhnen werde – und fand Gefallen an der Prämisse von The Last Day: Die Erde hat aufgehört sich zu drehen, eine Seite ist nun ewig der Sonne zugewandt, auf der anderen herrscht ewige Nacht.
Großbritannien liegt in der leidlich bewohnbaren Zone dazwischen und hat sich zu einer Diktatur gewandelt, die den Mangel verwaltet und mit höchster Brutalität Geflüchtete abwehrt.
Das sind die äußersten Rahmenbedingungen eines erstaunlich normalen Thrillers mit Durch-die-Gegend-fahren, Häschern entkommen und Leute suchen. Am Ende steht die Aufdeckung eines großen, die Handlung vorantreibenden Geheimnisses. Keinesfalls ein schlechtes Buch, aber nun auch keine vor überwältigenden Ideen strotzende Science Fiction.