• Sonntag, 17. Juli 2022: Die 40-Jährigen

    Dass Nora Bossong über meine Generation der 40-jährigen Dinge schreibt, hatte ich bereits mit mildem Interesse wahrgenommen. Gelesen habe ich bisher nichts davon. In diesem taz-Interview stehen aber ein paar interessante Sachen drin, zum Beispiel

    Als Annalena Baerbock im Wahlkampf sinngemäß sagte, wenn sie Kanzlerin sei, werde es Momente geben, in denen sie bei ihren Kindern sein werde und nicht im Kanzleramt; das hat nicht dazu geführt, dass ich unbedingt gewillt war, sie zu wählen.

    Allerdings sind weder Annalena Baerbock noch Christian Lindner besonders repräsentativ für „die Generation der 40-Jährigen – und ihren gehetzten Versuch, alles nebeneinander hinzukriegen“, wie der Teaser des Interviews ankündigt.

    Darum stehen neben den interessanten auch lauter Sätze in dem Interview, die nicht nur nichts mit mir zu tun haben, sondern die ich auch überhaupt nicht verstehe. Zum Beispiel: „Die 40-Jährigen sind eine Generation, die politisch sehr kompromissfähig ist, aber überhaupt nicht, was die eigene Selbstverwirklichung angeht.

    Vielleicht steht die Generation als zweite, mitunter dritte Nachkriegsgeneration auch einfach unter dem Druck, ihren Aufstieg und das Wachstum entsprechend der gesellschaftlichen Norm zu organisieren, während die Rahmenbedingungen das immer schwerer machen. Aber wahrscheinlich steht das in Bossongs Buch auch alles drin.

    Ansonsten war das hier – passend zum obigen Bild:

  • Samstag, 16. Juli 2022: Jenen Hügel hochlaufen

    Die ansonsten spärlichen Aktivitäten des heutigen Tages eröffnete ich mit einer 10km-Runde, die ich teils laufend, teils gehend zurücklegte.

    Während ich bergauf inzwischen gar nicht erst versuche zu laufen, handhaben andere das … anders: Playing “running up that hill” while running up a hill:

  • Freitag, 15. Juli 2022: Kreative Stagnation?

    Wir haben einfach schon wieder gegrillt – heute Burger. Das hat sehr gut funktioniert und geschmeckt. Es folgen ein paar Links.

    Nicht nur wegen Kate Bush wächst offenbar die Nachfrage nach älterer Musik:

    The consumption of old music grew another 14% during the first half of 2022, while demand for new music declined an additional 1.4%

    Ted Gioia sieht darin nur Nachteile. In seinem Beitrag macht er allerdings auch schnell die Kehre zu Filmen und Serien („Nobody wants to take a chance on something new and different. It’s just too risky. You could even get fired for that.“). Und da stimme ich ihm zu: Das unaufhörliche Totreiten von Franchises wie Star Wars, Marvel, Star Trek etc. nervt zunehmend, langweilt maßlos und nimmt unfassbar viel Geld, virtuellen oder buchstäblichen Raum und Aufmerksamkeit in Anspruch.

    There have been other periods of artistic stagnation in the past, and they usually signaled a collapse in other spheres of society too.“ – Das wiederum ist mir zu schwarzmalerisch. Der Umkehrschluss, Kultur wie ein Wegwerfprodukt zu behandeln, kann es schließlich auch nicht sein. Popmusik ist beispielsweise mit viel gutem Willen ein Jahrhundert alt. Müssen wir schon von Stagnation sprechen, nur weil wir uns die älteren Titel aus diesen 100 Jahren gegenwärtig halten?


    What often gets overlooked in discussions about the state of the public sphere is just how brief and tenuous the age of consensus really was.

    L. M. Sacasas hat in begrüßenswerter Knappheit eine medientheoretische Gesellschaftshistorie aufgespannt (mündlich Kommunikation, Massenmedien, digitale Medien) und mit interessanten Leseempfehlungen abgeschlossen (Reality Is Just a Game Now. And we’re all losing). Das berührt dann wohl die obigen other spheres of society.


    Field Recordings are Music, Material, and Method – eine ganz hervorragende Liste von George Grella. Nahezu jeder der vorgestellten Titel ist gut – einen habe ich ja bereits gekauft.


    Bei Why is this interesting? geht es um Komplexität, mit ein paar guten Definitionen (a measure of how hard it is to reverse something). Ich finde gut, was Stefan Schulz mal in einem seiner Podcasts gesagt hat: Das Gegenteil von komplex ist komplett: Kann ich etwas vollständig beschreiben, ist es nicht komplex, kann ich das nicht mehr, könnte es komplex sein. Daher ist A car in traffic in der Tat komplex.

  • Donnerstag, 14. Juli 2022: Mühsamer Versuch einer Rückkehr zum Alltagsbloggen

    Vor Wochen habe ich bei Startnext ein Projekt zur Gründung eines Kollektivbetriebs für Haushaltshilfe unterstützt. Die haben nun tatsächlich ihre 12.500 € eingeworben, mein (geringer) Anteil eingeschlossen. Das freut mich tatsächlich sehr und ich bin gespannt wie es weitergeht.

    Angegrillt nennt man das wohl. Vier Würstchen und eine halbe Zucchini auf unserem Lotus-Grill auf dem Balkontisch. Schmeckte tatsächlich überraschend gut nach Grill und wenn wir das Ding häufiger in Betrieb nehmen würden, kämen wir vermutlich auch besser damit zurecht. Das ist dann auch der Plan für den weiteren Sommer (wie im letzten Jahr und dem Jahr davor auch schon).

  • Ray Bradbury – Zen in der Kunst des Schreibens

    Ray Bradbury hat schon als Kind tausend Worte pro Tag geschrieben, mit 18 seine ersten Kurzgeschichten verkauft und seitdem jeden Morgen eine Geschichte begonnen zu schreiben – und oft vollendet.

    Und trotzdem ist dieses Buch nicht einschüchternd und erdrückend, sondern auf erstaunliche Weise fröhlich, augenzwinkernd und geprägt von Leichtigkeit.

    Zur Sache geht es dann in dem letzten Kapitel – nach dem diese deutsche Übersetzung benannt ist -, welches Zen tatsächlich mehr spielerisch als ernsthaft aufgreift. „Kreativtechniken“, wie es der Titel erwarten lässt, gibt es in diesem Buch auch, aber nur wenige.

  • Thibault Jehanne – Farol

    Was für ein tolles Konzept:

    This remarkable album takes a collection of sounds gathered approaching the 25 Abril bridge in Lisbon, Portugal. Traffic, wind, the vibrations of the structure—and synthesizes them into a long-form work.

    Field Recordings are Music, Material, and Method

    Natürlich gekauft bei Bandcamp.

  • Eduard von Keyserling – Wellen

    Einfach immer lesen was Herr Buddenbohm empfiehlt, so einfach ist das. Wellen habe ich an einem Sonntagnachmittag weggelesen. Eine sehr schöne Geschichte.

  • Jeff VanderMeer – Annihilation

    Wie angekündigt habe ich Annihilation schon wieder gelesen (vermutlich zum vierten Mal, zuletzt erst im Dezember), Anlass ist die angekündigte Besprechung des Werks im empfehlenswerten Science Fiction-Podcast Sprawl Radio.

    Was mir bei dieser Lektüre auffiel, war der Bezug zum exzessiven, sinnlosen Schreiben. Darauf kam ich, weil ich zur Zeit wieder in so ein Journaling/immer ein Notizbuch dabeihaben-Rabbithole gefallen bin. In Annihilation schreiben immer alle, der Crawler schreibt einen endlosen, alttestamentarischen Sermon auf die TunnelTurmwand, die Notizbücher der Expeditionen vergammeln in mannshohen Haufen, zugleich lesen wir den Report der Biologin. Das passt dann vielleicht auch irgendwie zu dem exzessiven Schreiben Richard Seymours in The Twittering Machine.

  • Daikan

    Heute hatte der Youtube-Algorithmus einen lichten Moment. Nicht nur schickte er mir ein betörendes Standbild aus Schnee und Eis in die Timeline, hinter diesem verbarg sich überdies auch hervorragendes Ambient-Brummen von der Art, wie sie mir besonders gefällt. (bei Discogs für nur knapp unter 40 EUR zu haben. Auf CD. *schnaufend abwink*)

    Zu Daikan weiß die Wikipedia:

    It contains one hour-long track recorded at the 2000 European Media Arts Festival in Osnabrück, Germany.

    Daran überrascht vor allem, dass es in Osnabrück ein Festival gibt (gab?), und dann auch noch dieses.

    Bei dem Standbild handelt es sich um die Fotografie von einer der Grönlandfahrten von Alfred Wegener.

  • Joseph Conrad – Heart of Darkness

    Sagenhaft, wie gut der Film im Verhältnis zum Buch ist und wie gut das Buch eigentlich auch ist, aber wenn Kurtz als Schädel mit einem schwarzen Loch anstelle eines Gesichts auf der Leinwand erscheint, dann ist jegliche weitere Filmgeschichte vollkommen irrelevant. Morgen gucke ich „Heart of Darkness“, eine Dokumentation zu „Apocalypse Now“.

    Und weil ich den Eindruck habe, dass Jeff vanderMeer’s „Annihilation“ vielleicht auch ein ideller Nachfolger von „Apocalypse of Darkness“ sein könnte, werde ich das auch wieder lesen. Habe ich beim ersten Mal ja auch binnen eines Tages geschafft.