Abgeordnetenhauswahl: Wer kandidiert hier eigentlich?

Rund drei Monate vor dem wahrscheinlichen möglichen Termin der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus ist es natürlich höchste Eisenbahn, sich mit den Direktkandidaten zu befassen, die um meine Stimme buhlen. Nicht, dass ich auch nur eine Podiumsdiskussion, einen Infostand, oder ein Hüpfburg & Würstchenfest verpasse.

Gesagt getan. Ich bin vor einer Weile umgezogen und es ergab sich noch kein Erfordernis, mich mit der Frage zu befassen in welchem Wahlkreis ich eigentlich wohne. Hier helfen die Webseite der Landeswahlleiterin und ihre schönen Wahlkreiskarten weiter. Die Antwort lautet demnach in meinem Fall Wahlkreis Drei (Südliches Moabit, Hansaviertel, Großer Tiergarten).

Mein Ziel war, die KandidatInnen der fünf derzeit im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien zu identifizieren, ihren Accounts bei Twitter und Facebook sofern vorhanden zu folgen und die RSS-Feeds ihrer Websites zu abonnieren. Denn wenn ich frühzeitig vom nächsten Würstchenfest erfahre, dann doch wohl auf mindestens einem dieser Kanäle!

CDU:

Um es vorwegzunehmen, denn ich wusste das bis heute echt nicht und war und bin erschüttert: Bei mir kandidiert offenbar Frank Henkel! Der Innenhenkel höchstselbst. Nicht, dass diese Information auf irgendeiner der CDU-Seiten – Land, Kreis, oder Moabit – auffindbar gewesen wäre; fündig wurde ich letztlich auf der Wikipedia-Seite zum Wahlkreis laut der er auch schon 2011 die Direktwahl vergeigt hat. Überhaupt scheint die CDU ihre KandidatInnen etwas verschämt zu verbergen, aber damit steht sie nicht alleine da.

Nach kurzer Scrollerei fand ich auf Henkels Homepage ausschließlich Senatorencontent; sein Wahlkreis scheint ihn nicht zu interessieren. Einen Feed gibt es dort nicht. Bei Twitter ist er nicht. Immerhin bin ich jetzt sein „Fan“ bei Facebook, obwohl er diesen Account auch weit überwiegend als Senator betreibt – mutmaßlich betreiben muss aufgrund der Trennung von Amt und Mandat.

Alles falsch! Wie ich einer heute eingegangenen Postwurfsendung entnehmen darf, kandidiert hier ein gewisser Florian Schwanhäußer. Auf seiner Homepage geht er allerdings ausschließlich seinem Hauptberuf, dem Immobilienverkauf und -kauf nach. Ein Twitterprofil hat er, bei Facebook unterhält er ein Standardprofil zum anfreunden.

Und nochmal, weil es so grotesk ist: Ich finde weder auf der Seite der CDU Mitte, der CDU Moabit, noch der CDU Tiergarten eine Information über diese Kandidatur. Ein Profil von Schwanhäußer auf der Mitte-Seite habe ich ergoogelt, auf dem seine aktuelle Kandidatur aber ebenfalls nicht steht.

SPD:

Man wundert sich zunächst für ein paar Sekunden angesichts der vollmundigen Ankündigung auf der Wahl2016-Seite vom Kreisverband, laut der man dort Informationen findet, obwohl da gar nichts steht. Bis man kapiert, dass man oben ins vertikale Menü zu klicken hat. Die drei Punkte einfach nochmal unten zu verlinken geht wohl nicht. Update: Inzwischen geändert. Lesen die mit? Immerhin werden die KandidatInnen aller Wahlkreise in Mitte dann klar verlinkt. Eine Karte würde nicht schaden. Wer kennt schon seine Wahlkreisnummer?

Bei „meinem“ sozialdemokratischen Direktkandidaten Thomas Isenberg, zugleich Verteidiger des Wahlkreises, gibt es hingegen keinen Grund zu meckern: Facebook, Twitter und RSS-Feed vorhanden, alles per Button von der Startseite aus verlinkt.

Die Grünen:

Das ist die vernünftige – und völlig naheliegende – Art, seine KandidatInnen zu präsentieren. Kann doch nicht so schwer sein! Verhältnismäßig schwer fällt es hingegen Tilo Siewer, sich im Netz zu präsentieren. Scheinbar nicht bei Twitter, bei Facebook nur ein Standardprofil mit dem man sich „befreunden“ muss und den Feed finden höchstens Fachkundige, wenn sie in den Quelltext der Seite schauen. Erkennbar verlinkt wird er nämlich nicht.

Die Linke:

Was die Auffindbarkeit der KandidatInnen betrifft, übertrifft die Linke sogar die Grünen. Auch hat die Direktkandidatin im Wahlkreis 3 im Grunde alles richtig gemacht, was Verlinkungen in die sozialen Medien betrifft. Allerdings gibt sich Anisa Fliegner auf ihrer Homepage überhaupt nicht als Wahlkreiskandidatin zu erkennen. Der letzte Artikel datiert allerdings auch auf den 21. Januar, von daher…

Piratenpartei:

Ist vielleicht unfair, aber zum Schluss hatte ich keine Lust mehr, zehn Minuten oder mehr nach der Information zu suchen, wie die Kandidatin/der Kandidat überhaupt heißt. Beim Henkel mag es sogar länger gedauert haben, aber von der einstmaligen „Internetpartei“ erwarte ich wesentlich mehr Zugänglichkeit. Kurz: Ich weiß nicht wer kandidiert, ob jemand kandidiert und habe auch keine Lust zu fragen.

Bonus! FDP und AfD:

Genau das selbe wie bei den Piraten, macht aber nix.