Kategorie: Bücher

  • Iain M. Banks – The Player of Games

    Dieses Buch habe ich vor wenigen Jahren bereits gelesen, kann mich aber kaum daran erinnern. Das ist verblüffend, denn der zweite Band des Kultur-Zyklus von Iain M. Banks (das M. verwendete er wohl nur, wenn er Science Fiction schrieb) ist sehr sehr gut.

    Überhaupt ist die anarchische, flamboyante Kultur wohl das beste Space Opera-Setting, das ich kenne. So müsste die Star Trek-Föderation aussehen, würde sie heute erfunden (der erste Kultur-Roman erschein allerdings auch schon 1987).

    Heimlicher Protagonist von Player of Games ist Azad, ein fiktives Brettspiel epischen Ausmaßes, dessen Ausgang stets über die Besetzung von Spitzenämtern eines Imperiums entscheidet, mit welchem die Kultur vor einigen Jahrzehnten diplomatische Beziehungen aufgenommen hat.

    Gurgeh, der Player of Games höchstselbst, entscheidet sich aus Langeweile – und um einem drohenden Skandal zu entfliehen – für die mehrjährige Reise in eben dieses Imperium, um am nächsten Azad-Turnier teilzunehmen. Denn er ist professioneller und außerordentlich guter Spieler – nicht von irgendwelchen Casino-Glücksspielen wohlbemerkt, in der Kultur wettet man ohnehin nicht mehr.

    Bemerkenswert ist, wie über weite Strecken des Buches Spiele gespielt werden (allen voran eben Azad), ohne dass Banks seinen Leser.innen umfangreiche Infodumps aus Regelwerken zumutet – und es dennoch immer spannend bleibt. Zugleich ist Azad Spielfeld und Metapher der politischen Ideologien von Imperium und Kultur.

  • Detjen/Steinbeis: Die Zauberlehrlinge

    Endlich Licht ins Dunkel um den sogenannten Rechtsbruch zu bringen, versprach ich mir von diesem Buch von Stephan Detjen (Deutschlandfunk) und Maximilian Steinbeis (Verfassungsblog) und ich wurde nicht enttäuscht.

    Die Autoren zeigen auf, wie dominant der Mythos vom Rechtsbruch seit 2015 in Deutschland ist. Zugleich führen sie durch die komplexen Rechtsstrukturen der Flüchtlingspolitik, die das Grundgesetz, Schengen, Dublin (I bis III), europäische Rechtssprechung und sicher noch andere Facetten umfassen, die ich vergessen habe.

    Vor allem liefert das Buch Einblicke in die Funktionsweise des Rechts: „Recht ist keine Mathematik“, leiten Detjen und Steinbeis ihr neuntes Kapitel ein. Es lässt sich nicht ausrechnen, durchdeklinieren, oder in Form einer logisch-eleganten Beweisführung zum letzt- und allgemeingültigen Ergebnis führen.

    Auch die Rechtsbruch-These habe sich „im Streit zu bewähren„. Zu diesem Streit leisten Detjen und Steinbeis einen wertvollen Beitrag, auch und gerade für Nichtjuristen wie mich.

  • Linda Nagata – The Bohr Maker

    Gekauft und gerne gelesen wegen dieser Passage der jüngsten Science Fiction und Fantasy-Rundschau des Standard:

    Hier kommt das richtige Buch für alle, die Space Operas im Stil von James Corey, Vernor Vinge oder Alastair Reynolds als das Nonplusultra der Science Fiction ansehen. Ganz besonders sogar Alastair Reynolds, denn dessen erfolgreicher „Revelation Space“-Zyklus wurde maßgeblich von Linda Nagatas „Nanotech Succession“-Reihe beeinflusst. Diese ist in vier Bänden in den Jahren 1995 bis 1998 erschienen und bildet in ihrer Gesamtheit eine waschechte Future History, die von quasi morgen bis in eine ferne transhumane Ära reicht.

  • Peter Watts – Echopraxia

    Die Forsetzung von Blindsight, erneut benannt nach einer merkwürdigen neurologischen Störung – und ein noch unzugänglicherer ‚Hard SciFi‘-Schinken.

    Eindrucksvoll ist, wie ein Buch einen hineinzieht, obwohl man (also: ich) über weite Teile überhaupt nicht versteht, warum die Leute gerade tun, was sie tun. War das gerade die Apokalypse? Warum fliegen die da hin und dann wieder zurück? Was genau macht der Mensch da in der Wüste?

    Watts jongliert erneut waghalsige Ideen über Posthumanismus und absolut fremdartige Aliens und schließt mit einem umfangreichen Anhang, in dem er diese Ideen wissenschaftlich (mit fast 150 Fußnoten!) herleitet. Wirklich eindrucksvoll. Und ich hoffe sehr, dass er diese Reihe fortsetzt.

  • Gerhard Hauptmann – Die Ratten

    Als E-Book gelesen (mehr zum Anlass steht hier), daher kein Foto vom Titelbild. Ein Drama in fünf Akten, uraufgeführt 1911. Es spielt in einer Berliner Mietskaserne und es wird dermaßen breit berlinert, wie man es selbst in Berlin Alexanderplatz nicht zu lesen bekommt. Jetzt würde ich es am liebsten sofort aufgeführt sehen, aber in Bochum läuft es nicht, und nach Wien fahre ich dafür nun nicht.

  • Isaac Asimov – Das Foundation-Projekt (Band 5)

    Asimovs Foundation-Bücher erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit unter Science Fiction-LeserInnen. Schon als ich vor einigen Jahren einen Ausschnitt des unerhört langen Zyklus gelesen habe, war mir nicht klar, warum das so ist. Die Schreibe hebt sich kaum vom Groschenroman-Niveau ab, die Science Fiction ist nicht mehr als ein Hintergrundsetting (was nicht schlimm sein muss, siehe Ursula Le Guin) und die Kernidee der Psychohistorik, einer Art Sozialmathematik, mit der sich die Zukunft von Gesellschaften vorhersagen lässt, fand ich nur mäßig interessant.

    In der Stadtbücherei fand ich einige Bände des Zyklus und habe mit Band 5 den ältesten ausgeliehen, der – so scheint mir – unmittelbar vor dem Teil spielt, den ich früher schon gelesen habe. Im Mittelpunkt steht Hari Seldon, Erfinder der Psychohistorik und sein Ringen um deren Vollendung. Dafür muss er Attentatsversuche abwehren, um politische und finanzielle Unterstützung werben und selbst ein politisches Amt bekleiden. Das liest sich auch alles so banal, wie es klingt. Es geht mitunter um Schnauzbärte, Limonade, Geburtstagsfeiern und die Logistik beim Bezug von Laborräumen. Dennoch habe ich die fast 500 Seiten zügig gelesen. Irgendwas ist schon dran am Foundation-Zyklus.

  • Gregor Maurach – Seneca, Leben und Werk

    Entliehen aus der Stadtbücherei Bochum. Eine umfassende Einführung in die nur lückenhaft bekannte Biografie eines der großen Stoiker der Antike. Den größten Teil widmet Maurach aber Philosophie und Texten Senecas – natürlich auch jenen, die man nicht kennt, wenn man sich vorwiegend für die stoischen Schriften interessiert und schon deshalb lohnenswert.

    Nicht immer leicht lesbar aufgrund der zahllosen in den Fließtext eingeklammerten Anmerkungen und Verweise, aber locker genug geschrieben, um die rund 240 Seiten schnell wegzulesen.

  • China Miéville: Der Weber

    Die Fortsetzung von Die Falter – und nicht ganz so gut. Der Weber konzentriert stärker auf wenige Protagonisten, liefert weniger Perspektiven auf die Stadt New Crobuzon und ihre Welt und lässt ausnahmslos alle Personen moralisch äußerst fragwürdige Entscheidungen treffen – was sie wissen und worunter sie leiden, körperlich wie seelisch – letztlich mündet alles in eine große Katastrophe.

    Moral und Recht sind dann auch die Grundfragen, die die Geschichte sich am Schluss plötzlich zu verhandeln entscheidet. Das wirkt etwas arg angeflanscht und ist vermutlich der Hauptgrund, weshalb Miéville seit jeher im Ruf steht, ein politischer Fantastik-Autor zu sein.

    Nichtsdestotrotz ist diese Geschichte die beste, die ich von ihm kenne. Völlig unbekümmert greift er sämtliche Punk-Varianten (ob Cyber, Steam oder Diesel) auf, verwirkt sie mit Magie und erschafft mit New Crobuzon eine lebendige und faszinierende Megalopolis.

  • China Miéville: Die Falter

    Der erste von zwei Bänden von Miévilles Geschichte aus der Fantasy-Metropole New Crobuzon und ein weiteres Buch nach Hyperion/Endymion, das ich seit über zehn Jahren nicht mehr gelesen habe – von dem mir aber überraschend viele Szenen und Schilderungen im Gedächtnis geblieben sind. Es ist einfach bis heute sehr gut (und sehr gut übersetzt). Den Nachfolgeband Der Weber gibts hier verbloggt.

  • Dan Simmons – Endymion

    Die Fortsetzung von Hyperion und mit 1.300 Seiten erneut ein ziemlicher Brocken. Während Hyperion bei der letzten Lektüre ziemlich gelitten hat, war Endymion so, wie ich es in Erinnerung hatte: Ein nahezu perfekter Abenteuer-Roman im Science Fiction-Gewand. Simmons schreibt hier einfach spannend und das macht auch beim erneuter Lektüre noch Spaß. Die katholische Kirche inklusive Papst, Kardinälen, Schweizer Garde und allem ornamentalen Beiwerk zu einem interstellaren Imperium auszubauen – natürlich als Antagonist – klingt wahnsinnig, funktioniert aber ausgezeichnet. Kapitel aus dieser Perspektive waren mir oft die liebsten; etwa so unterhaltsam wie Vader und der Imperator in Star Wars.