Gelesen: Ursula K. Le Guin – The Telling

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Nach The Left Hand of Darkness und The Dispossessed ein weiterer Band aus Le Guins Hainish Zyklus.

Am interessantesten an Le Guins Science Fiction finde ich, dass die SciFi-Motive in ihren Erzählungen komplett in den Hintergrund rücken; ohne, dass das Genre verleugnet wird, oder man den Eindruck bekommt, es wäre der Autorin eigentlich peinlich. Das Ekumen ist ein loser Verbund von Welten, die vor sehr langer Zeit von Menschen besiedelt wurden und seitdem ihre Herkunft vergessen haben. Die kommen ursprünglich von der Welt Hain und auch die Erde ist eine dieser Kolonien.

Grundmotiv des Hainish Zyklus ist die Wiederentdeckung dieser Welten durch Hain, die Kontaktaufnahme und Integration in das Ekumen. In jedem Band und auf jeder Welt wird ein bestimmtes soziales, antropologisches Thema durchgespielt. Le Guin schreibt daher weniger Science als vielmehr Social Fiction.

The Telling nun lässt sich am ehesten mit Religion oder Tradition in Verbindung bringen. Vorbild war (wie ich nach der Lektüre gelesen habe) China zur Zeit des Großen Sprung nach vorn. Hier ist es die Welt Aka, auf der die Tradition erbarmungslos von einem zentralistischen Weltstaat verfolgt und ausgemerzt wird. Einschließlich Bücherverbrennungen, Arbeitslagern und Steinigungen. Nur im Verbogenen besteht das alte Wissen fort. Dieser Konflikt Tradition vs. Moderne wird im Verlauf der Novelle ausgerollt – und zwar über weite Teile leider recht plump. Schließlich ist Moderne nicht per se mit autokratischer Gewaltherrschaft verknüpft. Erst zum Ende hin wird auch die traditionelle Denkweise (mit der Le Guin unverkennbar sympathisiert) ein wenig problematisiert.