Gelesen: Dirk Baecker – 4.0 oder Die Lücke die der Rechner lässt

Dirk Baecker aktualisiert seine Thesen zur nächsten Gesellschaft in der zugänglichsten Form, die mir bislang untergekommen ist. Über 26 Thesen hinweg untersucht Baecker verschiedene Einrichtungen und Formen der Gesellschaft, über ihre Strukturform (das Netzwerk), ihre Kulturform (die Komplexität), diverse Funktionssysteme wie Politik und Wirtschaft bis hin zu eher speziellen Formen wie dem Sport, der Gesundheit und dem Witz.

Dabei werden stets die vier großen Medienepochen der Sprache (in der Stammesgesellschaft), der Schrift (in der Antike), des Buchdrucks (moderne Gesellschaft) und der digitalen Medien (die nächste Gesellschaft) miteinander verglichen. Hier von einer soziologischen Vogelperspektive zu sprechen, ist schon fast eine Untertreibung. Orbital wäre angemessener.

Baecker lässt aber keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass es sich um Thesen handelt. Auch als Leser denkt man durchweg ‚Könnte sein, muss aber nicht‘. Der zugrundelegende Gedanke, dass Netzwerke zunehmend Funktionssysteme als gesellschaftsprägende Strukturen ablösen, hat aber seinen Reiz. Erst heute kam mir der Gedanke, wie ungewöhnlich zum Beispiel der Wiedereintritt von Friedrich Merz in die höchste Ebene der Politik nach einem Jahrzehnt ist. Gut erklärbar ist er hingegen durch die Stabilität von Netzwerken wie dem des „Andenpakts“ und persönlicher Beziehungen zu Personen wie Schäuble, Oettinger etc.