
Heute Abend wärmer als gestern. Draußen nur Vögel, besonders Krähen, keine Menschen, anders als am Wochenende.
Wie schläft der Kanzler? Wo speist der kommende Fraktionsvorsitzende? Wer leitet bald die Büros? Wer reinigt sie?
Die Nachbarschaft ist drinnen, oder unterwegs, beschäftigt oder erschöpft. Keine Zusammenkunft keine Zusammenheit, kein Gespräch am Nachbarzaun oder von Balkon zu Balkon. Ohnehin nie. Keine Einladung zum Abendessen oder zum Grillen. Macht sowas überhaupt noch jemand?
Die Einordnungen der Korrespondenten und Berichterstatterinnen. In der Partei regt sich Unmut. Der Arbeitnehmerflügel sei unterrepräsentiert.
Ich versuche zu verorten, wo die Bäume, die ich von meinem Platz aus sehe, in der Nachbarschaft stehen. Früher standen hier mehr. Früher stand hier eine Schule. Sicher klang es hier anders.
Sie alle sprechen, verhandeln, schreiben jetzt gerade. Die Maschinerie rattert nicht, sie rechnet. Kühl. In Berlin, Düsseldorf, München, Frankfurt. In ICEs und Airports. E-Mails und Slidedecks. Die Verbände und die Tarifpartner. Parteimitglieder suchen ihre Logindaten.
Jetzt ein Motorengeräusch in der Ferne. Sicher von der Elsa-Brändström. Oder doch von der Hattinger, wo jetzt eine Straßenbahn auch so klingt, als käme das Geräusch aus der entgegengesetzten Richtung. Alles täuscht.
Verträge, Features, Kommentare, Newsletter, Briefings. Niemand glaubt ernsthaft, dass irgendjemand glaubt, es würde etwas besser werden.
Warum ist bloß kein Mensch da? Jetzt sind doch die guten Abende. Morgen wird die SPD entschieden haben. Dann noch wenige Tage, bis die neue Bundesregierung ins Amt kommt. Welcher Unterschied sollte schon spürbar sein?
Die meisten haben nicht einmal eine Idee, was es sein könnte, das besser werden sollte. Die naheliegende Antwort – das Leben der Menschen – scheint zu abwegig, abgeschmackt, fast religiös.